Allianz MTV gewinnt die Nervenschlacht in der CEV Champions League mit 3:2 gegen Rzeszów (21:25, 20:25, 25:19, 25:14, 15:9) und wahrt damit die Chance auf das Weiterkommen.
Welche eine Moral der Mannschaft! Welch eine Stimmung in der SCHARRena. Es war wieder eines dieser Spiele, weswegen man diesen Sport einfach nur lieben kann. 0:2-Satzrückstand gegen wie aus einem Guss spielende Gäste, eigentlich schien alles aussichtslos in dieser Gruppe D. Vielleicht noch die kühnsten Optimisten glaubten an ein Happy-End an diesem Mittwochabend im Neckarpark. Drei Sätze später tobte die SCHARRena mit ihren 1.902 Zuschauern, Allianz MTV Stuttgart hatte das Spiel gedreht, feierte und die nach ihrer Einwechslung starke Kayla Haneline sagte voller Stolz: “Wir haben gezeigt, dass wir unbedingt gewinnen wollten und dass wir das Zeug dazu haben, unsere Ziele zu erreichen.”
Doch zu Anfang sah das alles nicht so aus. Konstantin Bitter startete mit Roosa Koskelo, Krystal Rivers, Elaine Timmerman und Monique Strubbe, sowie Jolien Knollema und Kapitänin Maria Segura in dieses Do-Or-Die-Spiel gegen den polnischen Tabellenzweiten. Von Beginn an war klar, dass es eine ähnlich knifflige Partie wie bei der 2:3-Hinspielniederlage in Rzeszów werden würde. Schnell ging Stuttgart in Rückstand, aber Jolien Knollema gleich jeweils zum 4:4 und zum 5:5 aus. Maria Segura besorgte mit ihrem Block zum 8:7 dann die erste Stuttgarter Führung, die Spanierin baute diese höchstselbst zum 11:9 aus. Doch Rzeszów, von Headcoach Stéphane Antiga offenbar blendend eingestellt, zog das Spiel an sich. Auf einmal führten die Gäste mit 11:13, Konstantin Bitter musste mit der Auszeit reagieren. Nur wenige Minuten später rief der Chefcoach sein Team erneut an die Seitenlinie, die Polinnen waren auf 12:16 davongezogen. Aber Allianz MTV ließ den etwas strengeren Worten des Chefs Taten folgen. Eline Timmerman blockte, Monique Strubbe blockte, dann schob der Dreierblock gegen Gabriela Orvosova zu - 15:16. Stuttgart war dran. Aber den Schwung konnte Allianz MTV nicht mitnehmen, wenig später ging der erste Satz an PGE Rysice Rzeszów.
In Durchgang zwei sollte alles besser werden - schließlich war ein glatter Sieg vonnöten, um relativ entspannt in den letzten Gruppenspieltag gehen zu können. Zunächst wurde es auch besser, Eline Timmerman blockte Rzeszów in die Auszeit, dann erhöhten Krystal Rivers und Maria Segura auf 6:2. Zwar kamen die Gäste in der Folge auf zwei Zähler ran, doch Stuttgart behielt vorerst die Führung. Diese baute Eline Timmerman mit einem Block gegen das sonst so starke polnische erste Tempo aus, dann blockte auch noch Krystal Rivers - 13:9 und Auszeit Antiga.
Was danach passierte, ließ die SCHARRena aber wieder kollektiv verzweifeln. Irgendwoher zauberte Rzeszów um die ganz starke Ann Kalandadze einen 0:7-Lauf her und gewann auch den zweiten Satz in Stuttgart.
Allianz MTV stand jetzt mit dem Rücken zur Wand. Würde es den Gastgeberinnen gelingen, zurück in die Partie zu finden und das drohende Aus abzuwenden? Antwort ausstehend. Zumindest reagierte Konstantin Bitter personell, brachte Kayla Haneline für Monique Strubbe. Stuttgart ging dann durch einen Hinterfeldangriff von Krystal Rivers mit 3:2 in Führung. Die SCHARRena gab jetzt alles, wollte ihr Team zurück in die Partie pushen. Stimmungsheber war dann auch postwendend der lange Ballwechsel zum 5:4, kurz darauf baute Maria Segura auf 9:6 aus und zwang die Gäste zur Auszeit. Stuttgart war jetzt drin in der Partie, Eline Timmerman war mit dem ersten Tempo erfolgreich, dann servierte Maria Segura das erste Stuttgarter Ass in diesem fünften Gruppenspiel. Jolien Knollema baute den Vorsprung auf 16:11 aus und dann gelang Krystal Rivers wohl endgültig der Türöffner für dieses Spiel. Die US-Amerikanerin donnerte den Ball nach einer langen Rallye ins polnische Feld, machte mit dem 19:15 quasi den Deckel auf den Satz und ließ die Halle toben. Überhaupt; Rivers drehte in der Endphase des dritten Durchgangs richtig auf, ihr war auch der Punkt zum 1:2-Anschluss vorbehalten. Zurück in der Partie? Ja!
"Hallo Allianz MTV Stuttgart, hier ist noch was drin", war dementsprechend das Mindset vor dem richtungsweisenden vierten Satz. Die Gastgeberinnen mussten zwar immer noch einen weiten Weg gehen, aber immerhin hatte man bei dieser zuvor perfekt agierenden polnischen Mannschaft mal an den Stellschrauben gerüttelt. Durch eine niederländische Co-Produktion ging der deutsche Vertreter 5:3 in Führung, erst war Jolien Knollema mit dem Tip erfolgreich, dann servierte Eline Timmerman das Ass. Krystal Rivers schickte Rzeszów kompromisslos in die Auszeit, dann punktete die Nummer 13 zum 10:6. Zuspielerin Britt Bongaerts erhöhte per Block auf 14:9, Allianz MTV spielte jetzt wie im Rausch. Zusätzlich hinzu kamen nun auch Fehler der Gäste, aber genau das erzwang Stuttgart mit jetzt endlich druckvollerem Spiel eben auch. Eline Timmerman und Kayla Haneline brachten den erfolgreichen Einbeiner, dann griff die US-Amerikanische Mittelblockerin gar frech mit dem zweiten Ball zum 20:12 auf die Linie an. Rzeszów ergab sich seinem Schicksal, sparte Kräfte für den Tie-Break. Jolien Knollema organisierte diesen dann auch mit einem Pipe zum deutlichen 25:14.
Mit diesem Momentum ging es für die Gastgeberinnen in den Decider. Vor einer nun traditionell stehenden SCHARRena avancierte Maria Segura zur Frau der ersten Minuten. Erst veredelte sie eine überragende Abwehr von Roosa Koskelo, dann verwertete die Kapitänin eine artistische Aktion von Britt Bongaerts. Zwei Segura-Punkte später stand es 4:1, dann sorgte Krystal Rivers mit ihrem siebenundzwanzigsten Punkt die Gäste-Auszeit. Nun übernahm Eline Timmerman, die starke Mittelblockerin punktete zweimal in Folge, ehe Landsfrau Jolien Knollema zum 8:3 und damit zum Seitenwechsel bat. Kayla Hanelines Block zum 12:6 ließ die Party dann endgültig starten, schlussendlich blockte Maria Segura ihr Team zum Krimi-Sieg und die SCHARRena in Ekstase.
Als MVP wurde völlig zurecht Krystal Rivers nach 27 Punkten ausgezeichnet, nun genießen die siegreichen Spielerinnen sowie der Staff einen freien Tag, ehe am Freitag die Vorbereitung auf Neuwied startet.
Und dann gehen am kommenden Dienstag alle Augen in den Neckarpark, wenn Stuttgart auf Beveren trifft und vielleicht, ja vielleicht, in die nächste Runde der Champions League einzieht. Der Krimi-Sieg am Mittwoch hat auf jeden Fall die Chance gewahrt.
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