Allianz MTV Stuttgart konnte am gestrigen Mittwochabend seinen Heimvorteil im DVV-Pokal-Halbfinale nicht nutzen und ist gegen die „Mannschaft der Stunde“, den VC Wiesbaden, mit 1:3 (25:21, 19:25, 24:26, 19:25) ausgeschieden.
Das Team von Trainer Giannis Athanasopoulos scheiterte in der SCHARRena an einer ersatzgeschwächten, aber bravourös kämpfenden Mannschaft aus der hessischen Hauptstadt – vor allem aber an einer im Vergleich doppelt so hohen eigenen Fehlerquote! Und das Glück war auch nicht unbedingt auf der Seite des Titelverteidigers. So kommt es jetzt im Finale des Wettbewerbs am 4. März 2018 zu der, doch von den meisten Fachleuten eher unerwarteten, Partie VC Wiesbaden gegen den Dresdner SC.
Aufgrund einer Erkrankung von Mittelblockerin Selma Hetmann hatte Wiesbaden extrem kurzfristig Julia Osterloh für das Match reaktivieren müssen. Das hinderte die Mannschaft jedoch nicht daran, an die prima Leistung der Bundesliga-Partie vier Tage zuvor gegen Schwerin (3:1) anzuknüpfen. Zumindest ab dem zweiten Satz. Im ersten konnte Stuttgart sich noch durchsetzen, wobei beide Mannschaften zu diesem Zeitpunkt noch weit von ihrer Leistungsgrenze entfernt waren. Michaela Mlejnková hielt Stuttgart zu Anfang mit zahlreichen Punkten im Spiel – und vor allem Kapitänin Debbie van Daelen führte das Team letztlich zum Satzgewinn. Hierzu reichte ein Dreier-Break gegen Ende des Satzes – und am Ende ein geglückter Bauerntrick aus der Not heraus von Femke Stoltenberg nach zu langer Annahme ihrer Kolleginnen.
Doch es zeichnete sich schon ab, dass der Abend wie erwartet kein Spaziergang für Renáta Sándor & Co. werden würde. Und auch das Publikum war überraschend zurückhaltend, fast als ahnte es, was nun auf das Team zukommen sollte. In Durchgang 2 rannte Stuttgart ständig einem Rückstand hinterher und verzweifelte schier (wie auch den Rest des Matches) an der famosen Defensive aus Wiesbaden. Vor allem aber verzweifelte das Team an sich selbst und den vielen Eigenfehlern, die es machte. Und an zahlreichen Netzrollern, Netzkantenbällen und der einen oder anderen strittigen Schiedsrichterentscheidung, in der Regel zu Ungunsten der Schwäbinnen. Doch entscheidend war dies nicht. Beide Mannschaften machten großen Druck über den Aufschlag, Stuttgart unterliefen dabei aber deutlich mehr Aufschlagfehler. Und so kam es, wie es kommen musste: Zwei Breakserien – ganz zu Beginn und ganz am Ende des Satzes – brachen Allianz MTV „das Genick“. Wobei eine Aufschlagserie von sechs Punkten am Stück, wie die von Dora Grozer bis zum Stande von 18:24 – einem Spitzenteam wie Stuttgart eigentlich nicht unterlaufen sollten (… to be continued …). Und kurz danach wieder einmal die Netzkante bei Aufschlag Michaela Mlejnková, Satzausgleich … 1:1.
Kurz gesagt: Die Sätze 3 und 4 waren letztlich nur ein Abbild des zweiten Durchgangs, es veränderte sich wenig. Auch wenn Giannis Athanasopoulos alles Menschenmögliche versuchte und die Mannschaft auf dem Feld immer wieder veränderte, um Impulse gegen die beständig punktenden Wiesbadenerinnen Karolina Bednářová, Simona Kóšová und die junge Topscorerin Kimberly Drewniok zu setzen. Nikoleta Perović, Paige Tapp, Julia Schaefer, Nika Daalderop, Annie Cesar und Pia Kästner im Zuspiel – alle fanden sich irgendwann auf dem Feld wieder und wurden nacheinander von der Kampfkraft Wiesbadens überrollt. Spektakulär dabei der dritte Satz, in dem Stuttgart nach einer 7er- und einer 5er-Breakserie erneut aussichtslos mit 14:22 zurücklag und tatsächlich noch bei Aufschlägen von Pia Kästner und Julia Schaefer zum 24:24 ausgleichen konnte. Die einzige wirkliche Schwächephase des VCW an diesem Abend, erzwungen durch die „jungen Wilden“ bei Allianz MTV. Doch zu einem Satzball für Stuttgart kam es leider nicht: Zwei Außenangriffe von Wiesbaden, einer über rechts, einer über links, waren zu lang und landeten im Aus, jedoch mit Block-Tusch Stuttgart!? So war die gesamte Aufholjagd auch noch umsonst gewesen.
Unerwartet stark zeigte sich Wiesbaden dann im letzten Satz vor allem im Blockspiel, eigentlich nicht so die Domäne des Teams von Dirk Groß. Doch angesichts der Chance auf das Finale in Mannheim fing der VCW regelrecht an zu zaubern – und die Fehlerquote bei Stuttgart stieg in ungeahnte Höhen. Auch wenn Teodora Pušić & Co. bis zur Mitte des Satzes dank einiger Punkte von Nika Daalderop und Michaela Mlejnková noch einigermaßen mithalten konnten, so setzte sich jetzt doch eher deutlich die kampfkräftigere Mannschaft klar durch. Die Aufholjagd am Ende des dritten Satzes hatte das Team ausgeknockt, eine nicht ganz nachvollziehbare Gelbe Karte dann auch noch den Elan des Stuttgarter Trainers. Mit zwei Breakserien war Wiesbaden auf 17:23 enteilt, kurz darauf tütete Irina Kemmsies die Finalteilnahme Wiesbadens endgültig ein, indem sie ein zu nah ans Netz flatterndes Stuttgarter Zuspiel per Drop-Block im Feld versenkte. Und kurze Zeit später unter ihren heraneilenden Mitspielerinnen im Jubelgeschrei verschwand.
„Wir sind natürlich maßlos enttäuscht“, so die Stuttgarter Team-Kapitänin Debbie van Daelen stellvertretend für ihre Mitstreiterinnen auf dem Feld – kurz nach dem Match vor den TV-Kameras. „Gerne hätten wir wieder in Mannheim gespielt, aber es hat einfach nicht sein sollen. Wir sind immer wieder rangekommen, gerade auch im dritten Satz. Aber Wiesbaden hat heute stets eine Antwort auf uns gehabt!“
Für Stuttgart heißt es nun, die Wunden dieser schmerzlichen Niederlage schnell zu lecken, denn schon am zweiten Weihnachtstag steht das Spitzenspiel in der Volleyball Bundesliga in Schwerin auf dem Programm, das ab 19.25 Uhr auf SPORT1 live im TV übertragen wird. Ein Team, das gerade in einer Krise zu stecken scheint (und diese hoffentlich nicht an Allianz MTV weitergeben wird).
Starting Six Stuttgart:
Stoltenborg – Mlejnková – McCage – Potts – van Daelen – Sándor – Libera: Pušić; MVP: Kästner
Starting Six Wiesbaden:
Kemmsies – Bednářová (MVP) – Kóšová – Osterloh – Drewniok – Großer – Libera: Stock