Allianz MTV Stuttgart steht im Viertelfinale des DVV-Pokals 2019/2020. Mit etwas mehr Mühe als vielleicht erwartet besiegte der amtierende Deutsche Volleyball-Meister die bravourös kämpfenden Frauen von Nawaro Straubing in der heimischen SCHARRena mit 3:1 (25:20, 25:17, 24:26, 25:20). Am augenscheinlichsten in der Partie war die Abhängigkeit der beiden Teams von der Aufschlag-Power. Die Mannschaft, die hier den Druck über einen längeren Zeitraum hochhalten konnte, hatte den Gegner meist problemlos im Griff. Doch beiden Teams gelang das immer nur phasenweise …
Schon nach dem ersten gespielten Punkt am Samstagabend dürften die Sorgenfalten auf der Stirn von Allianz-MTV-Geschäftsführer Aurel Irion wieder größer geworden sein. Außenangreiferin Channon Thompson verletzte sich bei ihrem von den Straubingerinnen geblockten Angriff über links am Bein und musste minutenlang auf dem Feld (und danach in den Katakomben der SCHARRena) behandelt werden. Für die sympathische Spielerin aus Trinidad & Tobago war das Match nach Minute 1 gelaufen, Celine van Gestel musste übernehmen. Die Sorge, dass nach der soeben geschlossenen Lücke im Zuspiel der Stuttgarterinnen durch die US-Amerikanerin Ainise Havili (vielleicht schon einsatzfähig im nächsten Spiel gegen Potsdam) gleich eine neue „Baustelle“ im Teamgebilde entsteht, ist natürlich groß. Die Mädels um Jenna Rosenthal wirkten zunächst auch etwas geschockt und mussten den annahmestarken (und gefühlt eigentlich auch aufschlagstärkeren) Niederbayerinnen bis zur Mitte des Satzes „hinterherrennen“. Die erste wirklich druckvolle Aufschlagserie von Juliet Lohuis brachte schließlich die Wende, mit vier Punkten am Stück zum 16:14. Danach konnte Straubing zwar einigermaßen dranbleiben, doch die eingewechselte Jennifer Hamson machte mit einer weiteren Aufschlagserie, während der ein Bauerntrick von Cansu Aydinogullari und ein lässiger Drop-Block von Juliet Lohuis für die letzten beiden Punkte sorgten, den Satz für Stuttgart „dicht“.
Was Trainer Giannis Athanasopoulos in der kurzen Pause zwischen den Sätzen als Devise ausgegeben haben dürfte, war klar. Mehr Risiko im Aufschlag, Aufschlagfehler zur Not in Kauf nehmen! Denn daran haperte es im ersten Durchgang eindeutig (mal abgesehen von den zu seltenen „Kills“ durch den Außenangriff). Und sein wieder in der Grundformation aufs Feld kommende Team setzte dies blendend um, führte schnell mit 12:3 und 16:8, obwohl Lena Große Scharmann bei Straubing jetzt ordentlich in Fahrt kam, nachdem sie im ersten Satz noch Anlaufschwierigkeiten gehabt hatte. Bei so einem Spielstand fielen bei Stuttgart einige Ungenauigkeiten im Zuspiel (Juliet Lohuis segelte während des ganzen Abends sogar zweimal komplett unter ihrem Zuspiel durch) weniger auf und vor allem ins Gewicht. Fünf Punkte am Stück kamen dann auch noch hinzu, während Celine van Gestel den Ball ins Spiel brachte. Dabei punktete Alexandra Lazic dreifach hintereinander, zuletzt mit einem lässigen Lob ins hintere linke Spielfeldeck. „Belohnt“ wurde sie mit ihrer Auswechslung für Geburstagskind Lara Berger, die ihren 18. gleich mit einem Ass feiern konnte. Ein Aufschlagfehler von Lena Große Scharmann besiegelte den zweiten Satzgewinn von Stuttgart mit 25:17. Bei Nawaro manifestierten sich erst unter dauerhaftem Aufschlagdruck Ungenauigkeiten im Spielaufbau, deutlich mehr als auf Stuttgarter Seite zuvor. Am Ende hatte Trainer Athanasopoulos so bei klarem Spielstand Jennifer Hamson und Alexandra Bura (in ihrem vorerst letzten Auftritt als „Zuspiel-Aushilfe“) weitere Spielpraxis geben können.
Warum Roosa Koskelo & Co. den Druck von der Linie im nächsten Satz nicht gleichermaßen aufrechterhalten konnten, ist rätselhaft. Im Gegenteil setzten jetzt die Mädels von Benedikt Frank die Stuttgarterinnen wieder von der Linie unter Druck – und waren dann mit dem Block immer recht schnell zur Stelle. Stuttgart war zu Fehlern gezwungen. Während Celine Stöhrs Auftritt von der Linie setzte sich Straubing mit 3:6 ab, später hieß es dann 9:12. Vergleichbar zum ersten Satz brachte erst Juliet Lohuis‘ Serie von der Linie zur Satzmitte hin vier Punkte am Stück und Stuttgarts Führung mit 18:17. Die für Jenna Rosenthal eingewechselte Martina Samadan hätte dann zum Matchwinner werden können, hatte sie doch mit einem Doppelblock gemeinsam mit Krystal Rivers sowie zwei kurzen Aufsteigern durch die Mitte für den ersten Matchball (24:22) gesorgt. Doch Stuttgart machte keinen Punkt mehr, von der Aufschlaglinie „regierte“ jetzt bis zum 24:26 die Norwegerin Ragni Knudsen, ihre Mitspielerinnen sorgten für die notwendigen Punkte.
Stuttgart schwankt in der Spielstärke einfach doch noch stark. Jetzt ging’s glücklicherweise wieder aufwärts. Anfang des vierten Satzes zeigten Aydinogullari und Celine van Gestel, die an diesem Abend vor allem für die wichtigen Breakpunkte verantwortlich zu sein schien, dann plötzlich, wie man den Ball unangenehm für den Gegner ins Spiel bringen kann. Es war wie gehabt: Wer mit der Angabe Druck machen kann, hat verhältnismäßig leichtes Spiel! Stuttgart führte schon mit 10:5, eine Große-Scharmann-Serie von der Linie drehte den Spieß dann aber wieder um (allerdings unterstützt von einigen fragwürdigen Schiedsrichterentscheidungen, die Trainer Athanasopoulos die gelbe Karte einbrachten), 13:13. Von nun an war es „nur“ noch eine kämpferische Partie auf mittlerem Niveau, bei der Stuttgart nicht zu glänzen, aber Straubing immer mit dem nötigsten Einsatz auf Abstand zu halten wusste. Ein Aufschlagfehler von Celine Stöhr gefolgt von einem Julia-Schaefer-Angriff, der von Martina Samadan und Cansu Aydinogullari völlig humorlos vor ihre Füße geblockt wurde, besiegelten schließlich mit 25:20 das Pokal-Aus von Nawaro Straubing. Die MVP-Medaillen heimsten Lena Große Scharmann als punktbeste Niederbayerin sowie Celine van Gestel, die bei Stuttgart die entscheidenden (wenn auch bei weitem nicht die meisten) Punkte gemacht hatte, ein.
Giannis Athanasopoulos zeigte sich schon kurz nach Spielschluss versöhnt mit der Partie: „Nach so einem ersten Ballwechsel war es für uns natürlich schwierig, überhaupt Schritt für Schritt in die Partie zu finden gegen einen absolut kampfstarken Gegner. Eineinhalb Sätze haben wir starkes Volleyball gespielt, ansonsten hatten wir zu kämpfen – natürlich in erster Linie mit einem engagierten Gegner, aber immer auch noch viel zu sehr mit uns selbst. Derzeit können wir einfach noch nicht mit zehn gleich starken Mädels auf dem Platz agieren, wir müssen auch als Team noch wachsen. Aber genau solche Spiele wie dies heute helfen uns dabei!“
Starting Six Stuttgart:
Aydinogullari – Thompson – Rosenthal – Lohuis – Rivers – Lazic – Libera: Koskelo
Starting Six Straubing:
Gryka – Knudsen – Stöhr – Williams – Große Scharmann – Schaefer – Libera: Dreblow