11
Geschäftsführer Aurel Irion. Foto: Tom Bloch

Geschäftsführer Aurel Irion. Foto: Tom Bloch

Die Hälfte der Spielzeit der besonderen Volleyball-Saison 2020/2021 ist vorüber. Am morgigen Donnerstag findet nun der erste Höhepunkt des noch jungen Jahres statt: das Topspiel der Saison gegen den SSC Palmberg Schwerin. Unser Coach Tore Aleksandersen trifft dort auf seinen ehemaligen Club.

Eine gute Zeit also, um mit unserem Geschäftsführer Aurel Irion ausführlich über die letzten Wochen und Monate zu sprechen. Aber auch mit einem Ausblick auf die kommenden Monate.


Hallo Aurel, danke, dass Du Dir die Zeit nimmst, mit uns über den Verlauf der bisherigen Saison zu sprechen. Wie fällt Dein Fazit für das abgelaufene Jahr aus?

2020 war in vielerlei Hinsicht ein sehr schwieriges Jahr. Wenn man sich zurückerinnert fällt einem noch spontan ein, wie es sich in der Saison 2019/2020 pandemiebedingt zugespitzt hat: das Champions League Heimspiel gegen Conegliano fand noch statt, unter erhöhten Hygienebedingungen, das Auswärtsspiel in Schwerin wie auch das CL-Spiel in Italien kurz vor Ende der Hauptrunde: gecancelt, danach ging es ganz schnell: Saison gecancelt. Kurzarbeit.

Spiele ohne Zuschauer, eine leere SCHARRena, der Abstand zu den Fans und Partnern, aber auch der Abstand zum Team, zu unseren Helfern und innerhalb von „Stuttgarts schönstem Sport“. Alles was unseren Sport zu einem unvergesslichen Event macht war und ist weg. Viele offene Fragen: Kann die Saison weiter gespielt werden? Kommen wir in die Champions League? Dazu kam die Frage nach den finanziellen Sorgen, die sicher auch viele unserer Partner und Fans umtreiben. Damals wie heute.

Wir haben aber nicht lange gezaudert und sofort die Ärmel hochgekrempelt. Gemeinsam haben wir die Aufgaben angepackt – hinzu kamen Dinge, die wir noch nie machen mussten: Stichwort Hygienekonzept, neue Saalpläne usw. - Zusammenhalten war und ist das Motto, jeden Tag.

Zu Beginn der neuen Saison waren wir guten Mutes, auch wenn nur 500 Zuschauer dabei sein durften. Mit steigenden Corona-Zahlen war aber klar: auch das ist nicht mehr machbar – zum Schutz aller Beteiligten, nicht nur beim Sport, sondern auch für die gesamte Gesellschaft. Der Jahresabschluss war dann trotz allen Schwierigkeiten positiv. Und der erste Platz der Tabelle war sicher unter diesen Bedingungen auch so nicht zu erwarten.

Leider hat es mit dem Sprung nach Mannheim zum DVV-Pokalfinale nicht geklappt. Die darauffolgende Trennung vom Trainer hat bei den Fans zu lebhaften Diskussionen geführt. Das war sicher auch für Dich keine leichte Aufgabe.

In der Tat. Sportlich war es ein Auf und Ab, dies war aber auch sicher Corona geschuldet und den damit verbundenen Einschnitten. Leider ist der Traum vom DVV-Pokal Sieg 2021 bei uns nach der bitteren Halbfinal-Niederlage in der SCHARRena Geschichte. Die darauffolgende Trennung von Ioannis hat uns allen weh getan und für uns alle war es eine sehr schwierige Zeit, aber in allem Neuen liegt auch eine Chance, die wir nutzen wollen und werden, um uns weiter zu verbessern. In dieser Zeit haben wir und ich auch viel gelernt, wie man mit diesen Situationen besser umgehen kann.

Im Bezug auf die Champions League konnten wir in Istanbul herausragende Leistungen abliefern. Am wichtigsten war aber die Tatsache, dass wir alle wieder gesund nach Stuttgart zurückkehren konnten. Ein Erreichen des Viertelfinales ist in dieser starken Gruppe aber eher unwahrscheinlich. Unser wichtiges Ziel bei dieser Reise Anfang Februar 2021 nach Kaliningrad: „gesund zurückkommen“.

Die Corona-Pandemie hat uns alle fest im Griff und ist natürlich am Verein nicht spurlos vorbei gegangen. Wie habt Ihr Euch darauf vorbereitet und wie schätzt Du aktuell die Situation ein?

Eine Vorbereitung war kaum möglich, fast täglich ändern sich irgendwelche Regelungen. Stolz macht mich jedoch die Tatsache, wie wir zusammen mit allen Mitarbeitern der Geschäftsstelle und unseren ehrenamtlichen Mitarbeitern alle Herausforderungen und Schwierigkeiten Hand in Hand angegangen sind und für alles auch schnell eine Lösung gefunden werden konnte. Dafür bin ich sehr dankbar. Auch der Rückhalt unserer Gesellschafter hat sehr dazu beigetragen, dass wir in diesen stürmischen Zeiten keinen Schiffbruch erlitten haben.

Herausragend waren unsere Aktionen mit dem Unterstützerticket und dem 3rd-Trikot. Hier konnten wir mit Hilfe der Fans und Partner einen großen Betrag erlösen. Auch jetzt zum ersten Heimspiel in 2021 werden wir mit den Pappkameraden eine weitere Aktion haben, die uns auf dem Weg durch die Krise helfen wird. Daneben sehen wir auch, wie viele mit dem Verein eng verbunden sind und z.B. derzeit auf die Erstattung der Tickets für das Spiel gegen Suhl verzichten.

Ich möchte mich auch für die staatlichen Hilfen der Sportstadt Stuttgart bedanken. In diesem Jahr wird unser Hexenkessel, unser Schmuckkästchen SCHARRena, 10 Jahre alt. Die Stadt hat seinerzeit mit der Eröffnung der SCHARRena im Jahre 2011 mit Weitblick und insbesondere mit dieser Investition bewiesen, wie wichtig ihr Spitzensport abseits des Fußballs ist. Und dies tut sie auch heute. Unsere Heimatstadt steht voll und ganz hinter uns, besonders in dieser schwierigen Zeit. Diese Hilfen ermöglichen es uns auch die Saison 2020/2021 nach derzeitigem Stand alleine betrachtet mit einer schwarzen Null abzuschließen.

In der Volleyball-Bundesliga arbeiten wir eng mit den anderen Vereinen zusammen und versuchen gemeinsam mit dem Vorstand der VBL uns gegenseitig zu unterstützen, sei es bei Reiseplanungen, Erfahrungen mit Testungen oder flexibler Spieltagsorganisation. Dieser Zusammenhalt in der stärksten Frauenliga Deutschlands ist sehr wichtig und zeigt auch, dass wir beispielsweise die Chancen der Digitalisierung konsequent nutzen. Ein Beispiel hierfür ist die erfolgreiche App, die für noch mehr Interaktivität zwischen Fans und Vereinen sorgt. Wir haben uns alle auf die Fahnen geschrieben, dass wir dieses tolle Produkt „Volleyball-Bundesliga der Frauen“ weiter stärken und ausbauen wollen. Gemeinsam werden wir es auch schaffen.

Der Lockdown wurde bis Ende Januar 2021 verlängert. Bringt das für Euch neue Herausforderungen?

Ich denke es wird sich bis in den April hinein nicht viel ändern. D. h. wir werden weiter ohne Zuschauer spielen müssen.

Über allem steht jedoch, dass die Zahl der Infizierten sinken muss, denn die Gesundheit steht über allem. Wir müssen aber froh sein, dass der Profisport überhaupt weiter betrieben werden darf. Hoffentlich bis zum Saisonende. Diesen Vertrauensvorschuss der Politik wissen wir zu schätzen. Daher legen wir auch sehr viel Wert auf das Hygienekonzept. Sowohl bei den Heimspielen, aber auch bei den Auswärtsspielen und den damit verbundenen Hygieneanforderungen während den erforderlichen Reisen.

Wie schätzt Du die wirtschaftliche Lage ein?

Dadurch dass weiterhin gespielt werden kann, fällt schon eine große Last von uns ab, weil sichergestellt ist, dass wir weiterhin sichtbar sind und auch für unsere Partner und Sponsoren etwas zurückgeben können.

Mit der Mentalität einer schwäbischen Hausfrau haben wir in den vergangenen Jahren immer daran gearbeitet, die Altlasten der Vergangenheit abzuarbeiten. Corona bremst die Bemühungen etwas, aber wir arbeiten sehr konzentriert und verantwortungsbewusst. Insbesondere in Corona-Zeiten hinterfragen wir jede Ausgabe noch mehr, ob diese notwendig ist. Dies verschafft uns eine wirtschaftliche Stabilität, so dass wir die Saison sicher gut abschließen können.

Uns ist aber auch bewusst, dass die wirtschaftliche Lage bei unseren Partnern und Sponsoren nicht einfach ist. Daher haben wir auch bereits den einen oder anderen Verlust eines Partners zu beklagen, der selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten ist.

Wir sind sehr dankbar, dass uns der Großteil der Partner und Sponsoren die Treue hält, so dass wir derzeit davon ausgehen, dass wir nur mit einem blauen Auge davonkommen.

Die Planungen für die Saison 2021/2022 haben bereits begonnen, auch wenn wir derzeit noch nicht wissen, wie diese dann tatsächlich aussehen wird: sportlich, finanziell und wie es mit der Pandemie weitergehen wird.

Wie siehst du die sportliche Ausgangslage für das Jahr 2021?

Mit Tore Aleksandersen haben wir einen sehr engagierten und erfahrenen Trainer dazu bekommen. Mit seiner Erfahrung in allen Bereichen wird sich die Mannschaft weiter entwickeln. Hinzu kommt die Ruhe, die er ausstrahlt, tut uns allen gut. Sportlich hoffe ich darauf, dass die Mannschaft sich stabilisiert und wir in den Playoffs unsere beste Leistung zeigen können. Dann bin ich überzeugt, dass wir weit kommen können.

Glaubst Du, dass die Saison auch mit Playoffs zu Ende gespielt werden kann oder werden wir eine ähnliche Situation wie in der letzten Saison erleben?

Wir alle hoffen, dass die Maßnahmen mit dem harten Lockdown und das Impfen dazu führen werden, dass die Zahlen der Infizierten zurückgehen werden. Wenn wir das schaffen, haben wir im Sport auch die Möglichkeit die Saison zu Ende zu spielen. Es bleibt aber die Unsicherheit, dass auch jederzeit bei den Teams etwas passieren kann und dann die Spiele abgesagt und verlegt werden müssen. Daher heißt es: wir fahren weiter auf Sicht. Alle Vereine und die Volleyball-Bundesliga arbeiten jeden Tag daran, dass ein Spielbetrieb weiter möglich ist. Selbstverständlich unter Wahrung der Hygieneregeln, die dazu führen sollen, dass wir das Ansteckungsrisiko möglichst gering halten.

Zum Abschluss: Was wünschst Du Dir 2021 für „Stuttgarts schönsten Sport“?

Zuerst hoffe ich, dass wir alle gesund bleiben! Eine schrittweise Rückkehr zur Normalität in der zweiten Jahreshälfte 2021 wäre für die gesamte Gesellschaft unglaublich wichtig. Wenn wir weiter zusammenhalten und zusammen helfen werden wir das auch schaffen!

Sportliche Ziele sind sicher wichtig und wir werden diese auch mit all unserer Kraft verfolgen, aber jetzt gilt es zunächst zusammen durch die Krise zu kommen und die Normalität Stück für Stück zurückerobern.