Allianz MTV Stuttgart hat den Höhenflug des Tabellensechsten der Volleyball Bundesliga, Nawaro Straubing, beendet. Mit einer soliden Leistung und ordentlich Aufschlagdruck bezwang der amtierende Deutsche Meister in der heimischen SCHARRena die Niederbayerinnen mit 3:0 (27:25, 25:17, 25:21) – ohne dabei zu glänzen. Für Stuttgart war das Match die Generalprobe für das DVV-Pokalfinale am kommenden Sonntag (16. Februar 2020) in der Mannheimer SAP-Arena gegen den Dresdner SC.
„Es war ein überaus nervöses Spiel“, analysierte Trainer Giannis Athanasopoulos die Partie gleich nach dem Schlusspfiff. Vor allem im ersten Satz, als es beiden Teams noch nicht so recht gelingen wollte, den Gegner mit harten Aufschlägen gleich so unter Druck zu setzen, damit dessen Angriffswucht möglichst früh verpufft. So bekamen die 1.600 Zuschauer insgesamt zehn Aufschlagfehler präsentiert. Doch Stuttgart, für die diese Strategie bei den bekannt guten Scorerinnen von Straubing (Lena Große Scharmann, Ragni Steen Knudsen, Julia Schaefer) von elementarer Bedeutung war, bekam das „Problem“ schneller in den Griff und konnte sich zur Satzmitte immer weiter von Straubing absetzen. Vor allem die Aufschlagspiele von Juliet Lohuis und Martina Samadan bereiteten der bayerischen Abwehr immer wieder Kopfzerbrechen. So stand es zur zweiten technischen Auszeit dann doch schon 16:11 für Allianz MTV – und der Vorsprung konnte bis zum 20:15 gehalten werden. Als dann Krystal Rivers (die erstmals nach ihrer Rückenverletzung wieder einen Satz lang spielen durfte, sich aber erst noch langsam wieder herantasten muss) mit einem Angriff über rechts an der Netzkante hängenblieb, war es so, als ob jemand dem Team in blau den „Saft“ abgedreht hatte. Es folgten aus Stuttgarter Sicht 1:8 Punkte – und die Angst vor dem Satzverlust. Bis dahin war kaum etwas vom Straubinger Selbstbewusstsein von fünf Siegen in Folge zu sehen gewesen. Nun aber punkteten die Angreiferinnen reihenweise, bei Stuttgart wirkte die eingewechselte Simone Lee ziemlich unglücklich in ihren Aktionen. Erst ein Aufschlagfehler von Lena Große Scharmann stoppte die alptraumhafte Serie für Stuttgart zum 22:23. Giannis Athanasopoulos: „Aber uns zeichnet eben aus, dass wir niemals aufgeben und es immer wieder schaffen, zurückzukommen! Das hat man heute wieder deutlich im ersten und dritten Satz gesehen.“ Und so war es erneut Juliet Lohuis, die mit ihrem Aufschlag für die Wende sorgte, unter anderem mit einem Ass. Zwei Satzbälle konnte Straubing in der Folge noch abwehren, vergeigte dann aber jeweils den nachfolgenden eigenen Aufschlag. Am Ende sorgte Martina Samadan mit einem Aufsteiger durch die Mitte für den Stuttgarter Satzgewinn.
Der zweite Durchgang war dann aus schwäbischer Sicht deutlicher, weil Alexandra Lazic & Co. von Beginn an mit ihrer Aufschlagstärke dominierten und Straubing konsequent in die Defensive zwangen. Unter anderem sorgte Krystal Rivers kurz vor ihrer endgültigen Auswechslung von der Aufschlaglinie für vier Punkte am Stück, darunter ein Ass. Im zweiten Satzdrittel kamen noch einmal sechs Punkte am Stück bei Aufschlag Lohuis dazu. Straubings Diagonalangreiferin Lena Große Scharmann musste zwischenzeitlich entnervt ausgewechselt werden, weil ihr zwischenzeitlich gar nichts mehr gelang. Trotzdem kam der Rotschopf am Ende auf 14 Punkte und war erfolgreichste Angreiferin auf dem Platz. Aber auch der Stuttgarter Block setzte inzwischen immer häufiger Zeichen. Zur Crunchtime hatte Allianz MTV zehn Punkte Vorsprung, beendete den Satz nach vielen Wechseln mit der „zweiten Garde und dem Nachwuchs“, die somit vor dem Pokalfinale am Sonntag auch noch Einsatzzeit bekamen (Annie Cesar, Jenna Rosenthal, Iane Henke). Ein Aufschlagfehler der zwischenzeitlich eingewechselten Valbona Ismaili (einer von insgesamt zwölf von Nawaro Straubing – deutlich zu viel!) brachte Stuttgart den Satzgewinn mit 25:17.
Im dritten Satz lief Stuttgart die ganze Zeit einem Rückstand hinterher. Das lag zum einen mal wieder an der bekannten Abschlussschwäche im Angriff. Zum anderen machten sich jetzt erstmals auch größere Ungenauigkeiten in der Annahme breit, Celine van Gestel wirkte doch etwas überspielt, für sie kam in einem zweiten Versuch noch einmal Simone Lee aufs Feld, die aber weiter unglücklich agierte. Als der Rückstand bei 11:15 zu groß zu werden drohte, wechselte Trainer Athanasopoulos noch einmal im Zuspiel zurück auf Cansu Aydinogullari. Und es kam wieder Juliet Lohuis zum Aufschlag. Das brachte Allianz MTV tatsächlich schon wieder heran – und zur Crunchtime bei Aufschlag Lee sogar erstmals zu einer 18:17-Führung durch einen krachenden Block der erneut überzeugenden Martina Samadan gegen Oda Lovo Steinsvag. Und schon war der besagte Kampfgeist wieder geweckt! Dreimal blockte Stuttgart nun in einem Spielzug die wütenden Angriffe der Niederbayerinnen weg, ehe Alexandra Lazic den Punkt dann doch für Stuttgart über links machte. Bei 23:21 schien das Pendel wieder zurück in Richtung Straubing auszuschlagen, doch eine missratene, zu lange Annahme von Simone Lee erwies sich dann doch als zu hoch in der Luft für Lena Große Scharmann. Bei dem Versuch, den Ball als Direct Winner direkt im Stuttgarter Feld zu versenken, segelte die Diagonalangreiferin glatt unter der Kugel hindurch. Ein Raunen ging durchs Publikum und der Ball tropfte „gemütlich“ ins Straubinger Feld – drei Matchbälle Stuttgart. Und gleich der erste wurde verwandelt, dank eines Annahmefehlers der Straubinger Abwehr.
Mit Blick auf das Pokalfinale am Sonntag brachte das Spiel gegen den Tabellensechsten zwar nicht wirklich neue Erkenntnisse, außer dass Krystal Rivers wieder auf einem guten Weg ist. Trotzdem war es gut, das Match einigermaßen klar gewonnen und dabei Kräfte geschont zu haben. Viele Spielerinnen sind bei der hohen Spielbelastung inzwischen einfach am Limit, können sich jetzt voll und ganz auf das Endspiel konzentrieren. „Natürlich ist eine solche Partie etwas Besonderes“, weiß Giannis Athanasopoulos. „Es ist ein spezielles Match, ein spezielles Umfeld und eine spezielle Drucksituation. Deshalb machen wir zur Vorbereitung ganz bewusst NICHTS Spezielles, bereiten uns normal vor wie immer. Wir setzen alles daran, die Spielerinnen so relaxed wie möglich in die Partie gehen zu lassen.“ Klar, denn wer einen solchen Karrierehöhepunkt auch genießen kann, spielt sicherlich befreiter auf …
Starting Six Stuttgart:
Aydinogullari – van Gestel – Samadan – Lohuis – Rivers – Lazic – Libera: Koskelo
Starting Six Straubing:
Turla – Steen Knudsen – Lovo Steinsvag – Stöhr – Große Scharmann – Schaefer – Libera: Dreblow